Gastbeitrag
Bild: Förderverein Seemannskirche

Ehrenamt für das Kleinod aus rotem Backstein

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Gastbeitrag von Susan Knoll

695 Würstchen. Dr. Rainer Lenz hat in seinem Leben nach eigenem Bekunden noch nie Würstchen gegrillt. Aber der Manager aus dem hessischen Dreieich hat einen zweiten Wohnsitz in Prerow und wurde aus Verbundenheit mit Prerow Mitglied im Förderverein der Seemannskirche. Zum 20. Seemannskirchenfest im August hat er sich als Helfer gemeldet. Wie über 50 andere Vereinsmitglieder auch. Sie kommen von überallher – aus Prerow, Wieck, Zingst oder Rostock, aber ebenso aus dem Saarland, Sachsen oder der Schweiz. Sie alle eint die Liebe zur Ostsee, zum Darß und zu diesem wunderbaren Kleinod aus Backstein, das schon fast 300 Jahre auf dem hübschen „Buckel“ hat …

Engagement zur Erhaltung der Kultur: Susan Knoll verrät Ihnen mehr über die Bedeutung der Seemannskirche Prerow, um deren Erhalt sie sich als Vorsitzende des Fördervereins kümmert.

Denn die Seemannskirche Prerow ist ein Kleinod. Gelegen zwischen Ostsee und Bodden ist die aus rotem Backstein erbaute Kirche mit dem markanten Turm aus Eichenholz ein Touristenmagnet. Rund 50.000 Besucher lassen sich jedes Jahr von der Einzigartigkeit des zwischen 1726 und 1728 erbauten Gotteshauses begeistern. Vor allem die im Kirchenraum hängenden Votivschiffe, aber auch der kunstvoll gestaltete barocke Altar und die Taufkapelle sowie die um das Gebäude herum aufgestellten Grabsteine mit Seefahrtsmotiven machen die Seemannskirche zu etwas Besonderem und erzählen ihre eng mit der christlichen Seefahrt verbundene Geschichte.

Aber über die Jahrhunderte nagte der Zahn der Zeit an der Seemannskirche. Der markante viereckige Turm wackelte bedenklich, das über Jahrhunderte Seeleuten als Orientierung und auch Lebensretter dienende weithin sichtbare Wahrzeichen drohte einzustürzen. Ein starker Grund, um 1995 den Förderverein der Seemannskirche zu gründen. Um Geld einzusammeln für die dringend notwendige Sanierung.

An diesem Ziel hat sich bis heute nichts geändert. Doch aus dem kleinen Team der Aufrechten und den übersichtlichen Geldeinnahmen ist inzwischen mit über 300 Mitgliedern der größte Verein auf dem Darß geworden, der die Seemannskirche mit beträchtlichen Mitteln längst zu einem Kleinod gemacht hat. Seit dem Jahr 2000 gibt es das Seemannskirchenfest  – inzwischen eine feste Größe im Veranstaltungskalender von Prerow. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums wurde es in diesem Jahr sogar drei Tage gefeiert.

Kirchenraum der Seemannskirche

Die charakteristischen Votivschiffe im Kirchenraum versprühen den Charme der Seefahrttradition. (Bild: E. Kloeppel)

Seemannskirche Prerow

Die Seemannskirche Prerow zeigt das Potential von Vereinsarbeit und Ehrenamt beim Erhalt von Kulturgeschichte. (Bild: Förderverein Seemannskirche)

Seemannskirche

Der kunstvoll gestaltete, barocke Altar macht die Seemannskirche zu etwas Besonderem.  (Bild: E. Kloeppel)

Benefizkonzert in der Kirche

Sänger Dirk Michaelis ist ebenfalls Mitglied im Förderverein Seemannskirche und gibt jährlich zum Tag der Deutschen Einheit ein Benefizkonzert in der Kirche. (Bild: Förderverein Seemannskirche)

Mitgliedern des Dresdner Kreuzchores

Anspruchsvolle Veranstaltungen wie das Weihnachtssingen mit dem Echo-Ensemble bestehend aus ehemaligen Mitgliedern des Dresdner Kreuzchores sind für den Förderverein wichtig. (Bild: Förderverein Seemannskirche)

Anspruchsvolle Veranstaltungen, die zudem für den Ort Prerow imagebildend sind, waren von Beginn an mein Ziel als Vorsitzende. Mit ihnen sollten zum einen die finanziellen Mittel für die Kirchensanierung erwirtschaftet werden, zum anderen sollte so die Seemannskirche zum  Anziehungspunkt für jedermann werden – auch ohne kirchliche Bindung. Im ersten Schritt habe ich dafür meine Freunde „eingespannt“: Der Sänger und Songschreiber Dirk Michaelis (inzwischen auch Vereinsmitglied) gibt seit 2014 um den Tag der Deutschen Einheit herum ein Benefizkonzert für die Kirche – die Kirche ist stets bis auf den letzten Platz gefüllt und sein Lied „Als ich fortging“ lässt die Zeit der friedlichen Revolution von 1989 noch einmal aufleben.

Susan Knoll entdeckte als Urlauberin vor 20 Jahren die Schönheiten des Darß. 2005 schuf sie sich gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten dort einen zweiten Wohnsitz. 2006 heirateten sie in der für beide „schönsten Kirche auf der Halbinsel“, der Seemannskirche Prerow. Seither blieben sie ihr und der Kirchengemeinde verbunden. Seit 2014 ist sie Vorsitzende des Fördervereins Seemannskirche Prerow. Sie stammt aus dem Bergischen Land, hat einen Masterabschluss als Germanistin, Historikerin und Politologin und arbeitet nach beruflichen Stationen in Bonn und Leipzig u. a. als Pressesprecherin des MDR und der ARD, seit sieben Jahren als Verlagsleiterin beim Tagesspiegel in Berlin.

Zu Weihnachten veranstalten wir mit fünf ehemaligen Sängern des weltberühmten Dresdner Kreuzchores ein Weihnachtssingen. Zudem haben wir für den Tag vor Silvester den „Wintermarkt“ auf dem Platz vor der Kirche ins Leben gerufen. Was 2016 mit einem Bratwurst- und einem Getränkestand begann, ist heute der Höhepunkt vom Jahreswechsel, den Einheimische wie Gäste bei Musik und Unterhaltung zum Treffen und Plaudern bei Glühwein, Bratwurst und Waffeln nutzen. Mit diesen Veranstaltungen ist es uns gelungen, den Verein und die Kirche in den Ort und dessen Leben zu tragen und Geld für die Sanierung einzunehmen.

Über 500.000 Euro konnten wir in den zurückliegenden Jahren durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Veranstaltungserlöse in die Kirche investieren.

Die Kirche erhielt eine neue Beleuchtung, beheizbare Sitzpolster, Kanzelaltar und Taufkapelle strahlen im neuen Glanz. Insgesamt rund 100.000 Euro hat der Förderverein allein für diese drei Projekte aufgebracht. Die Sanierung von Altar und Taufkapelle gelang auch, weil die Hälfte der Gesamtkosten durch Mittel der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aus dem Denkmalschutz Sonderprogramm VI übernommen wurde. Den Tipp, dieses Programm zu nutzen, bekam der Verein von keiner Geringeren als Bundeskanzlerin Angela Merkel, als diese im Juni 2016 die Seemannskirche besuchte, um sich über die Vereinsarbeit zu informieren. Die Komplettsanierung des Gestühls, der Modellschiffe und der Gemälde sind die jüngsten Projekte, die mit Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Vorpommern umgesetzt wurden. 

Dr. Rainer Lenz

Dr. Rainer Lenz am Grill gemeinsam mit Gabriele Hipp (links) und Rosemarie Iwaszewski. (Bild: Förderverein Seemannskirche)

Doch letztlich sind es die vielen ehrenamtlichen Helfer, durch die der Verein lebt, die inzwischen eine fröhliche Gemeinschaft von Einheimischen, Zugezogenen und Urlaubern bilden. Die Waffeln backen, Eintrittskarten verkaufen, Wein ausschenken oder eben Würstchen grillen. Übrigens: Rainer Lenz hat es bei seinem ersten Einsatz auf genau diese 695 Würstchen gebracht und damit eine schöne Summe für die Seemannskirche eingenommen. „Auch wenn ich abends schon etwas kaputt war – schöner kann man sich das nicht wünschen.“

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