Text von Andreas Frost
Fast das ganze Jahr herrscht himmlische Ruhe am Schmalen Luzin, einem kleinen See, der sich bei Feldberg an der ehemaligen Kiesgrube entlangschlängelt. Für drei Tage im August jedoch wummern tiefe Bässe über das Schilf, weht heller Gesang durch den Wald. Bis zu 5.000 Musikbegeisterte tanzen dann bei „3000Grad“. Steffi Müller und Ronny Mollenhauer gehören zum Kernteam, das das kleine, feine Festival seit 2010 jedes Jahr wieder auf die Beine stellt.
„Weltmusik, Singer-Songwriter, elektronische Tanzmusik, Workshops – ich glaube, es ist die Vielfalt, die das Festival ausmacht“, sagt Ronny – alias Molle, alias Mollono.Bass. Wer hier auftritt oder auflegt, kommt aus der Region und aus der ganzen Welt. „Laute Musik, leise Musik – Independent halt“, sagt Ronny.
Die Atmosphäre ist entspannt, jedem bleibt genügend Platz, das Festival-Gelände ist nicht vollgepackt mit Menschen. Und dann natürlich die sieben Bühnen, jedes Jahr fantasievoll dekoriert. „Da gibt es immer wieder Leute mit tollen Ideen, die bei uns unbedingt eine Bühne gestalten wollen“, berichtet das Festival-Urgestein. „Dann schauen wir mal – und sagen: Mach’ mal.“
Steffi Müller und Ronny Mollenhauer sind in der Region aufgewachsen. Als Schüler bereits hat Molle angefangen, Keyboard zu spielen, hat die ersten Techno-Stücke am Computer komponiert. Seit Jahren ist er als Musiker unterwegs. „Anfangs haben wir gesagt: Wir müssen Partys machen, damit die Leute unsere Musik hören.“ Kommerzielle Interessen hatten sie nicht. Das war der Anfang für ein Künstlerkollektiv, das auch ganz bewusst den damals grassierenden rechtsextremen Tendenzen unter Jugendlichen in der Mecklenburgischen Seenlandschaft etwas entgegensetzen wollte. „Musik war da enorm wichtig“, findet Steffi Müller. „Wir haben Alternativen geschaffen, aber ohne politische Botschaften.“ Steffi Müller hat anfangs an der Bar auf den Partys ausgeholfen. Seit Jahren schmeißt sie das Orga-Büro des Festivals.
Ein eigenes Festival zu veranstalten stieß in der Gemeinde anfangs auf Skepsis. Umweltamt, Naturschutzbehörde, Ordnungsamt – alle mussten erst überzeugt werden. Ronny: „Wir haben immer einen Weg gefunden, dass alle zufrieden sind.“ Die Bürgermeisterin sei inzwischen Festival-Fan. „Wir sind naturverbundene Mecklenburger: Die Natur ringsherum zu schützen, liegt uns am Herzen.“
Im späten Frühling wächst das etwa neunköpfige Kernteam um 20 bis 30 weitere Helfende an. In den zwei Wochen vor dem Festival-Start bauen in der ehemaligen Kiesgrube rund 300 Frauen und Männer die Bühnen und nach und nach die Technik auf. Steffi Müller sorgt dafür, dass die Künstlerinnen und Künstler rechtzeitig engagiert werden. Wenn die Festival-Gäste anreisen, ist es ihr und dem Team zu verdanken, dass sie mit ihren Autos und Zelten entspannt eingewiesen werden, ihren Müllbeutel und ihren Aschenbecher bekommen. „Für viele ist das Festival ein Kurzurlaub, inklusive Kanu- oder Fahrradtour.“
Für Steffi Müller und Ronny Mollenhauer sind die drei Festival-Tage mit positivem Stress verbunden. Der fällt erst beim Abschlusskonzert ab, das jedes Jahr dem „Skazka Orchestra“ vorbehalten ist. Steffi: „Da gehen die Emotionen raus, da fällt der Stress ab.“ Aber schön sei es auch, sagt Ronny, „hinterher kaputt zu sein und aufzuräumen“ – während am Schmalen Luzin bei Feldberg wieder himmlische Ruhe einkehrt.