Malerisch, zurückhaltend und reizvoll – so ist das Stettiner Haff. Neben urwüchsiger Natur und malerischen Fischerdörfern hat es aber noch weit mehr zu bieten: interessante Arbeitsplätze, familienfreundliche Atmosphäre und ein umfangreiches Kultur- und Freizeitangebot für die gesamte Familie.
Text von Andreas Frost
Tausende Lachmöwen flattern über dem Riether Werder. Auf der unbewohnten Insel im Neuwarper See, einer eng umschlossenen Bucht am Südufer des Stettiner Haffs, hat sich Deutschlands größte Brutkolonie etabliert. Das saftig-salzige Eiland teilen sich die Vögel mit den Kühen vom Haffwiesenhof Leopoldshagen. Im Mai werden die Tiere per Fähre herübergeschippert und im Oktober wieder abgeholt. „Wir bringen Natur und Landwirtschaft in Einklang“, sagt Uwe Greff. Er ist einer der Leiter der „Höfegemeinschaft Pommern“, die von der BioBoden-Genossenschaft betrieben wird. Leopoldshagen gehört dazu.
Einsame Landstraßen führen vom Haff durch dichten Wald, lichte Heide und weite Wiesen nach Rothenklempenow. Rings um das alte Gutsdorf herum baut die Bio-Genossenschaft Kartoffeln und Kürbisse, Zucchini und Kohl an. Auf den Wiesen stehen selbst im Winter kräftige Uckermärker Rinder, laufen Schweine, schnattern Gänse. Was hier gedeiht, wird im eigenen Hofladen, online und auf dem Großmarkt in Berlin verkauft. Neben dem Bio-Erzeuger sorgen Daniel Möhler und Carl Eugen Jahke für den Aufschwung im Dorf. In einem Gutsgebäude backen sie nach einer traditionellen Maya-Methode Tortillas und Tostadas. Möhler hat die Idee auf Umwegen über New York, Acapulco und Berlin nach Vorpommern mitgebracht. „Weil hier der feinste Bio-Mais als Rohstoff angebaut wird“, sagt Möhler. Seine „Tlaxcalli“-Tüten werden bis nach Portugal exportiert. Nebenan kocht und verschickt indes „LunchVegaz“ täglich 3.000 vegane Fertiggerichte.
„Wir freuen uns, gemeinsam mit den Menschen dieser Region etwas aufzubauen“, sagt Uwe Greff. „Diese Gegend hat viel Potenzial.“ Berlin ist nicht weit und sie gehört zur Metropolregion Stettin mit ihren 600.000 Einwohnern. Ein deutsch-polnisches Gymnasium und einige zweisprachige Kitas haben sich längst etabliert. „Hier gibt es eine junge Generation, die etwas will“, sagt Greff, „und die Rückkehrer.“
Unter dem Dach der Familie Lange im Städtchen Strasburg versammeln sie sich – die Jungen, die Rückkehrer, die Engagierten. Elisa hat Mode-Design in Berlin studiert. Jetzt lebt die Youtuberin von ihren Moonlight-Jewel-Videos. Sie verpasst Puppen aus dem Spielwarenladen einen individuellen Look und ein neues Outfit und zeigt detailliert, wie es funktioniert. 230.000 Follower zwischen Russland und den USA sind begeistert.
Vater Dirk betreibt im selben Haus mit seiner zweiten Tochter Laura eine Werbeagentur. Laura macht ihren Meister als Schilder- und Lichtreklameherstellerin. Außenwerbung, Autofolien, Briefpapier. „Da kommen Kreativität und Handwerk zusammen“, sagt Laura. Architektin Gesine Lange steht in der Familie für Heimat und klassische Moderne. „Ich liebe es, in der Region alte Bausubstanz zu sanieren, Gründerzeithäuser aufleben zu lassen.“ Eigentlich, so räumt sie ein, ist sie Bauhaus-Fan. Nebenher engagiert sie sich in zahlreichen Vereinen. Ihre Familie lebt in vierter Generation im selben Haus. Die „Seele“ des Strasburger Start-up-Hauses fühlt sich rundum wohl hier. „Sie sehen doch: Lokal, regional, global – hier ist vieles möglich.“