Claudine Vita und Elija Ziem haben eines gemeinsam: Sie sind Spitzensportler beim SC Neubrandenburg. Damit stehen sie in einer langen Tradition, denn die Sportstadt hat bereits einige Top-Athletinnen und -Athleten hervorgebracht. Im Strandkorb-Doppel erzählen uns die beiden, was sie auch abseits des Sports an Neubrandenburg lieben, wo in MV es besonders schön ist und welche Pläne sie für die Zukunft haben.
Claudine, du bist vor einigen Jahren als Schülerin aus Brandenburg nach Neubrandenburg gekommen. Wie war das für dich?
Claudine: Ich bin hierher zur neunten Klasse auf das Sportinternat gekommen, und es war auf jeden Fall erstmal generell ein Highlight, von zuhause wegzugehen. Das war schon ein großer Schritt, gerade in dem Alter. Aber es war auch eine aufregende Erfahrung, aufs Internat zu gehen, mehr selbständig zu sein, auch mehr Freiheiten zu haben. Selbst entscheiden zu können: Was esse ich denn jetzt heute zum Abendbrot, zum Beispiel (lacht). Und das war eine schöne Zeit und auch der richtige Schritt. Viele Klassenkameraden und Freunde sind dann nach dem Abitur weggegangen, auch, weil sie mit dem Leistungssport aufgehört haben. Aber ich bin geblieben. Einfach, weil ich hier optimale Bedingungen zum Trainieren hatte und die Leistung auch gepasst hat. Deswegen gab es keinen Grund, einen anderen Weg einzuschlagen.
Nachdem die 1996 in Frankfurt an der Oder geborene Claudine Vita in den ersten Jahren ihres Lebens in Brandenburg aufwuchs, zog sie mit ihrer Familie nach Berlin, wo sie ihre Leidenschaft für die Leichtathletik entdeckte. Bereits mit 14 Jahren gewann die Tochter angolanischer Einwanderer 2010 die deutschen Leichtathletik-Schülermehrkampfmeisterschaften. Schnell wurde der SC Neubrandenburg auf sie aufmerksam und sie begann, dort am Sportgymnasium zu lernen und zu trainieren. Kurz darauf wechselte die junge Athletin zum Diskuswerfen und feierte bald erste Erfolge. Sie erreichte 2017 Platz 3 bei den Deutschen Meisterschaften, wurde zweite bei den Europameisterschaften 2019 und kam zuletzt sogar unter die besten 10 bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokyo.
Du hast mit klassischen Disziplinen angefangen und bist dann zum Kugelstoßen und Diskuswerfen gewechselt?
Claudine: Ich war eigentlich eine ganz gute Mehrkämpferin, kam aber dann an einen Scheideweg: Gehe ich zum Mehrkampf beziehungsweise zum Weitsprung, oder gehe ich nach Neubrandenburg und werde Werferin? Letzten Endes hat mein Trainer mich dann doch überzeugt, das Diskuswerfen zu probieren. Seine ehemaligen Athleten und Leistungen haben für sich gesprochen und ich dachte, das will und kann ich mit ihm erreichen. Ich stoße mittlerweile auch schon seit einigen Jahren nicht mehr und bin wirklich nur noch Diskuswerferin – das macht mir auch mehr Spaß. Die Kugel war mir auf Dauer einfach zu schwer. Und so eine Ein-Kilo-Scheibe, wie beim Diskuswerfen, die macht einfach mehr Spaß.
Elija, wie bist du zur Leichtathletik gekommen?
Elija: Ich habe in der Grundschulzeit sehr lange Tennis gespielt. Ich hatte auch sehr viele Freunde, die dann schon Leichtathletik betrieben haben. Die haben mich einfach mal mitgenommen, und gleich beim ersten Training habe ich den Abschlusslauf gewonnen. Und dann hat der Trainer gesagt: Mach doch öfter mal mit. Und dann habe ich auch gleich Spaß Strandkorbgespräch (Langfassung für Online-Abbildung) Stand: 23.06.2022, 17 Uhr | Seite 2 daran gehabt. Am liebsten laufe ich tatsächlich die 800 Meter. Auch, wenn es eine sehr anstrengende und anspruchsvolle Disziplin ist, aber da habe ich den meisten Spaß dran. Das Training hängt natürlich auch vom Umfang und der Jahreszeit ab, aber zurzeit ungefähr zehn Mal pro Woche.
Was macht die Sportstadt Neubrandenburg für euch aus?
Claudine: Letztendlich ist es einfach die Anzahl an Top-Athleten, die aus Neubrandenburg kommen. Neubrandenburg hat super viele olympische Medaillen gewonnen, das heißt, da ist auch schon eine gewisse Tradition dahinter. Sei es jetzt in der Leichtathletik, im Kanu-Sport oder im Triathlon. Man weiß: Neubrandenburg steht für Leistungssport, und man möchte natürlich auch seinen Teil dazu beitragen in der Sportgeschichte.
Elija: Ja, klar! Und was ich hier in Neubrandenburg super finde, ist, dass die Schule und der ganze Sportbezirk fußläufig gut verbunden sind. Das finde ich super und es hilft beim Zeitmanagement. Es gibt andere Sportschulen, da ist es vielleicht nicht so. Dann haben wir hier hinten gleich den Tollensesee, das ist auch prima. Da kannst du dich auch mal entspannen oder auch mal eine Trainingseinheit machen, denn die variieren natürlich. Und ansonsten der Kulturpark, da kannst du auch super laufen. Also, die Stadt ist schon für den Sport ausgelegt.
Elija, geht es bei euch im Internat nur um Sport oder habt ihr auch andere Themen?
Elija: Nein, auch wir haben andere Themen, die aber oft natürlich mit Sport verbunden sind. Wir beschäftigen uns auch mit Fußball, wer in der Bundesliga gerade gespielt hat. Aber auch: Was macht man so am Wochenende, oder was unternehmen wir am Wochenende? Wir sind also nicht nur im Sport unterwegs, sondern gehen auch so mal gern auf Reisen, gerade auch hier, wo wir so viele schöne Orte hier in MV haben, wie zum Beispiel die Ostsee. Wenn es sich dann mal anbietet an einem ruhigen Wochenende, kann man das eigentlich immer mal machen. Da gibt es also schon noch andere Sachen, die man dann auch mal beredet.
Was in Neubrandenburg sollte man unbedingt gesehen haben?
Claudine: Also, ob das jetzt ein Geheimtipp ist, weiß ich nicht, aber zum Beispiel, wenn man Richtung Augustabad geht, da ist auch der Wasserturm. Und da hat man halt einfach schon eine sehr schöne Sicht auf Neubrandenburg und auf den See. Und da ist es auf jeden Fall sehr, sehr entspannt und erholsam.
Elija: Das ist wirklich eine sehr schöne Ecke. Ich finde auch die Innenstadt sehr cool. Die Turmstraße, die dann zum Marktplatz führt. Das ist auch einmalig, also wirklich schön. Allgemein die Region hier am Tollensesee, das Stadion – ist alles sehr cool.
Claudine: Der Kulturpark ist auch der Klassiker. Es gehört einfach auch dazu, dass man da mal durchgeht und sich einfach am Strand hinsetzt.
Was macht Mecklenburg-Vorpommern für euch so besonders?
Claudine: Ich würde schon sagen, das ist einfach die Natur, das macht definitiv einen Unterschied. Wir haben hier die Ostsee, wir haben Strand, einen sehr schönen Strand, und es Strandkorbgespräch (Langfassung für Online-Abbildung) Stand: 23.06.2022, 17 Uhr | Seite 3 gibt auch einfach viele Sachen zu entdecken, viele Sehenswürdigkeiten. Man hat das Gefühl, man hat Urlaubsfeeling als Zuhause.
Elija: Ja, das finde ich auch. Wir leben im Prinzip dort, wo andere Urlaub machen. Wir haben ja auch sehr viele Kurorte hier. Also ja, ich würde sagen: Erholsamkeit, das trifft es ganz gut. Und mein Lieblingsort in MV? Das ist eine ganz einfache Frage. Das ist natürlich Waren, der Ort, wo ich herkomme – das ist meine Heimat, übrigens auch ein Kurort, und eine superschöne Stadt, auch mit der Müritz. Am liebsten bin ich am Hafen, da fühle ich mich schon sehr wohl.
Claudine, du warst 2021 bei den Olympischen Spielen. Welche Eindrücke haben dich besonders geprägt?
Claudine: Das ist ein bisschen schwieriger zu beantworten. Das war natürlich bei uns durch COVID einmalig, dass wir eben Olympische Spiele ohne Zuschauer hatten. Wir konnten uns auch wirklich nur im Olympischen Dorf aufhalten und durften uns auch außerhalb zu den Wettkämpfen nicht frei bewegen. Es war schon sehr eingeschränkt, deswegen kann man definitiv nicht von normalen Olympischen Spielen sprechen. Nichtsdestotrotz war es einfach eine unglaubliche Erfahrung, da zu sein. Allein schon dieses Gefühl, wenn man ankommt: Die Leute sind super freundlich, die haben sich alle gefreut, dass wir da sind. Das war ja vorher in den Medien auch immer ein Thema, davon haben wir aber gar nichts zu spüren bekommen. Und dann, wenn man im Olympischen Dorf wirklich ankommt und weiß, man hat es geschafft, das war einfach schon ein unbeschreibliches Gefühl.
Braucht es Publikum, um schneller zu laufen und weiter zu werfen?
Elija: Auf jeden Fall. Gerade beim Laufen, wenn du auf der Zielgeraden ein volles Publikum hast, das puscht dann nochmal. Das ist ganz anders, als wenn du im leeren Stadion läufst. Und die Motivation steigt natürlich, gerade auch, wenn deine Familie oder hübsche Mädchen im Stadion sind. Das ist immer super, das puscht dich nach vorne. Du willst dann erst recht gewinnen, weil du halt zeigen willst, du bist der Beste. Und vor Publikum ist das meistens eine super Atmosphäre.
2004 in Waren geboren, wurde Elija Ziem bereits 2019 deutscher U16-Meister über 800 Meter. Doch nach frühen Erfolgen hatte der Ausnahmeathlet auch mit Niederlagen zu kämpfen. Im September 2019 brach er sich den Fuß und kurz darauf den Lendenwirbel. Obwohl ihm Ärzte damals das Ende des Leistungssports verkündeten, kämpfte er sich zurück. 2021 gewann er sogar den 800-Meter-Lauf der deutschen U18-Meisterschaften und wurde Zweiter auf 400 Meter. Der Sport hat es dem mittlerweile 18-Jährigen jedoch auch privat angetan, etwa beim Schwimmen durch den Warener Tiefwarensee, Tennisspielen oder dem Rennradfahren.
Neben sportlichem Ehrgeiz hilft sicher auch die Freude am Sport?
Elija: Ja, auf jeden Fall. Spaß ist das A und O. Wenn du an Sport keinen Spaß hast, dann kannst du ihn auch nicht richtig betreiben. Schule macht auch ab und zu oder öfter Spaß, weil, du bist da mit deinen Freunden. Es ist auch im Unterricht manchmal witzig. Und beim Training haben wir auch eine gute Trainingsgruppe, da werden auch mal Späße gemacht.
Welche Ziele habt ihr euch für die anstehende Wettkampfsaison gesetzt?
Claudine: Ich möchte einfach sehen, dass ich das, was ich im Training erreicht habe, auch im Wettkampf umsetzen kann. Dass man einfach weiß, die ganze Arbeit war nicht umsonst. Und was letztendlich dann für eine Platzierung rausspringt, ist dann sogar zweitrangig. Aber man hat schon hohe Ziele. Ich möchte auf jeden Fall zur Weltmeisterschaft nach Amerika und natürlich auch zur Heim-EM in München. Das sind so meine Ziele, die ich diese Saison verfolge, und ich werde natürlich alles geben, um diese Ziele zu erreichen.
Elija: Ich sehe das eigentlich auch so. Man sollte sich schon Ziele setzen, damit du auch eine gewisse Motivation hast. Ich möchte natürlich auch Bestleistungen laufen, nicht nur über die 800, auch mal über die 400 Meter und mich ansonsten gut verkaufen. Da würde ich mich auch freuen, wenn ich dieses Jahr wieder bei der Deutschen Meisterschaft eine Medaille holen kann. Und wer weiß: Bei mir gibt es auch eine U20-Weltmeisterschaft in Kolumbien. Die Tür steht noch offen, man kann sich dafür qualifizieren. Ich denke, das ist ein sehr hohes Ziel, aber auch das habe ich im Hinterkopf, das ist diese Saison vielleicht machbar. Das Hauptziel sollte aber sein, bei der Deutschen Meisterschaft eine Medaille zu holen.
Was macht ihr abseits des Profisports in eurer Freizeit oder der Off-Season gerne?
Elija: Gut, dass du Off-Season sagst. In der Saison darf ich nämlich nichts anderes machen, wegen der Verletzungsgefahr. Natürlich kicke ich gerne manchmal mit meinen Jungs, aber das natürlich nur in der Off-Season. Tennis spiele ich sehr gerne mit meinem Papa, der kann das auch tatsächlich sehr gut. Ich fahre auch sehr gerne Rennrad, wir haben auch hier in MV eine super Landschaft für sowas. Ansonsten gehe ich auch gerne manchmal schwimmen. Das sind so die meisten Sachen, die ich dann in der Off-Season mache.
Claudine: Ich betreibe, obwohl ich Leistungssport betreibe, auch nebenbei gerne Sport. Ich spiele gerne Squash oder Volleyball, Fußball spiele ich auch sehr gerne. Und wenn es mal doch nichts Sportliches sein soll, dann bin ich natürlich gerne bei meiner Familie zu Besuch in Berlin. Ich bin aber auch gerne viel unterwegs, lebe mich kulinarisch aus, das kann ich ganz gut (lacht), und unternehme einfach viele Aktivitäten.
Habt ihr schon Pläne für den Herbst, wenn es nach der Wettkampfsaison ein bisschen ruhiger ist?
Claudine: Ich will dann auf jeden Fall erstmal schön Urlaub machen. Schön weit weg, erstmal alles um mich herum liegenlassen und wirklich entspannen, abschalten… Und dann natürlich auch schauen, dass ich mit meinem Studium in Early Education, also Frühkindlicher Erziehung, fertig werde, sodass man wirklich auch sein zweites Standbein abgesichert hat und sich voll auf den Sport konzentrieren kann.
Elija: Ja, man freut sich natürlich auf den Herbst, aber bei mir ist es so: Ich habe im Hinterkopf, der Herbst wird sicher cool, weil man ein bisschen entspannter trainieren kann und keine Wettkämpfe hat, aber das Wichtigste ist natürlich jetzt die Saison. Ich kann es eigentlich kaum erwarten, dass es jetzt endlich losgeht, weil wir eben schon sehr viel trainieren und im Wettkampf kannst du zeigen, was du draufhast, wofür du trainiert hast, und dafür machen wir es eigentlich auch: für den Wettkampf, für den Spaß.
Was sind eure Pläne für die Zukunft – nach dem Studium und nach dem Abitur?
Claudine: Ich lasse das ein wenig auf mich zukommen. Ich denke, eine gewisse Progression wird es auch mit den Jahren geben. Ich werde noch einige Zeit Leistungssport machen, und vielleicht wird dann auch noch mal ein neues Interesse dabei entstehen. Aber ich denke schon, dass ich beides kombinieren möchte, Pädagogik und Sport, und mit Kindern arbeiten möchte. Am besten etwas, das mit Sport zu tun hat.
Elija: Das ist eine sehr, sehr gute Frage (lacht). Die Frage muss man sich natürlich auch mal stellen. Ich denke, ich werde das vom sportlichen Erfolg abhängig machen. Wenn es weiterhin gut läuft, möchte ich auf jeden Fall weitermachen. Ich habe da ja nach wie vor einen sehr großen Ehrgeiz, aber auch Spaß dran. Das ist das Wichtigste. Das wird sich alles noch entwickeln, aber auf jeden Fall möchte ich gerne den Sport weiterbetreiben.
Wenn ihr MV in drei Worten beschreiben würdet, welche wären das?
Elija: Hier lässt es sich auf jeden Fall aushalten (beide lachen). Also, ich würde auf jeden Fall sagen: Erholsamkeit.
Claudine: Die Natur…
Elija: Und auch der Sport.