Frauen gehören nicht auf den Bau? Zoe Semrau beweist das Gegenteil. Die angehende Meisterin im Zimmerhandwerk will den Familienbetrieb Semrau Bau in Kalkhorst übernehmen und junge Frauen zu Zimmerinnen ausbilden.
Arme wie Ofenrohre braucht heute auf dem Bau und im Handwerk kaum noch jemand. Zoe Semrau schon gar nicht: „Für schweres Material gibt es Maschinen.” Die 23-Jährige hat einen Lkw-Führerschein. Im elterlichen Betrieb Semrau Bau GmbH & Co. KG im mecklenburgischen Kalkhorst bedient sie mit ihrem Vater Mark die hallenfüllende Abbundmaschine, die dank CNC-Technologie (Computerized Numerical Control) Balken und Sparren millimeter genau zuschneidet.
Vorurteilen legt Zoe das Handwerk
Die angehende Meisterin im Zimmerhandwerk will in naher Zukunft den Betrieb mit 20 Mitarbeitenden in Zimmerei und Maurerei übernehmen. Semrau Bau produziert schlüsselfertige Ein- und Mehrfamilienhäuser und saniert Altbauten, etwa den Speicher und das Volkshaus in Dassow.
Für besondere Wünsche, wie Reetdächer oder Sonderanfertigungen, arbeitet der Betrieb mit Firmen aus der Region zusammen.
„In der 8. Klasse wollte Zoe Maurerin werden. Jetzt ist sie Zimmerin”, erzählt ihre Mutter Claudia.
In Kalkhorst gehört Zoe fest zum Team, möchte als Tochter des Chefs mehr zeigen als gefordert. „Was mich anspornt? Ich höre oft: Frauen gehören nicht auf den Bau. Das möchte ich ändern. Ich bin kreativ, finde gern individuelle Lösungen und liebe die Arbeit mit dem Holz. Das riecht so gut”, erklärt Zoe.
Für mich ist das kein Pipifax. Ich möchte als Zimmerin im Handwerk gesehen und respektiert werden.
Zoe Semrau, angehende Meisterin im Zimmerhandwerk
Einzige Frau in Ausbildung und Meisterschule
In ihrer Ausbildung hat Zoe für ihr Gesellenstück volle Punktzahl bekommen – und war die einzige Auszubildende. Genauso wie in der Meisterschule in Dresden. Frauen im Handwerk sind noch immer exotisch. Nur 16 Prozent der Auszubildenden in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2023 waren Frauen. Das belegt eine Studie der Handwerkskammer Schwerin und der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern.
Für Zoe sind Frauen im Handwerk nichts Besonderes. Sie will irgendwann ihr eigenes Haus in Kalkhorst bauen. Ihre Großeltern, Eltern und Geschwister leben dort. Die mecklenburgische Gemeinschaft, die weite Natur und Nähe zum Meer machen für Zoe ihr Zuhause. Seit zwei Jahren engagiert sie sich in der Freiwilligen Feuerwehr Kalkhorst, fährt das Tanklöschfahrzeug. Frauen gehören in der Kameradschaft dazu.
Viele Frauen im Handwerk haben ihren Beruf zur Berufung gemacht. Sie sind Wegbegleiterin für andere Mädchen, die es ihnen gleichtun wollen.
Zoe Semrau, angehende Meisterin im Zimmerhandwerk
„Nach fest kommt ab” – dem Handwerker-Sprichwort folgend rüttelt Zoe unermüdlich an den Vorurteilen, die Frauen in der Branche begegnen. Im elterlichen Betrieb möchte sie künftig selbst Zimmerinnen ausbilden und für Mecklenburg-Vorpommern begeistern.