Das Pommersche Landesmuseum präsentiert 14.000 Jahre Kultur und Geschichte Pommerns in einem preisgekrönten Ensemble aus gotischer, klassizistischer und zeitgenössischer Architektur. Im Jahr 2024 feierte das in Greifswald ansässige Museum den 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich mit drei Sonderausstellungen. Im Strandkorbinterview berichtet Museums-Direktorin Dr. Ruth Slenczka von der Resonanz auf die Ausstellungen und erläutert, was für sie die Faszination an Friedrichs Gemälden ausmacht. Zudem verrät sie, was sie am Museum und an Greifswald schätzt, und was Besuchende auf keinen Fall verpassen sollten.
Kurzvita Dr. Ruth Slenczka
Dr. Ruth Slenczka wurde 1967 in Köln geboren. Nach ihrem Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und evangelischen Theologie in Mainz, Bonn und Göttingen promovierte sie 1994. Zunächst arbeitete sie an der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und der Humboldt-Universität zu Berlin, bevor sie leitende Positionen in der Evangelischen Wittenbergstiftung, im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam, im Schlossmuseum Wolfshagen und in der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-bekleidete. 2022 zog es die vierfache Mutter nach Greifswald, wo sie Direktorin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung Pommersches Landesmuseum wurde. Nach dem erfolgreichen Caspar-Friedrich Jubiläum bereitet sie dort mit ihrem Team die Eröffnung der Galerie der Romantik und die Präsentation des Croy-Teppichs vor.
Man wird Caspar David Friedrich erleben, wie man ihn noch nicht gesehen hat.
Dr. Ruth Slenczka, Direktorin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung Pommersches Landesmuseum
Wie würden Sie diesen wunderbaren Ort beschreiben?
Das Museum ist ein kultureller Leuchtturm im Osten unseres Bundeslandes. Und in dieser Stadt ist es zweifellos das einzige große Museum und zweifellos der Ort, an dem man Friedrich in der Weise am nächsten kommt, dass man seine Originale sehen kann.
Wie würden Sie dieses Caspar-David-Friedrich-Jubiläumsjahr für sich bilanzieren?
Es war absolut überwältigend, hat alle unsere Erwartungen übertroffen. Die Besucher sind geströmt und sie strömen immer noch. Die Besucher haben auch so wunderbare Rückmeldungen gegeben. „Wären wir doch erstmal hierher gekommen, dann hätten wir von Hamburg viel mehr gehabt.“
Oder sie standen einfach hier vor den Kreidefelsen, vor einem dieser berühmtesten Bilder von Caspar David Friedrich und haben geweint. So was habe ich überhaupt noch nie erlebt im Museum.
Was macht diese Faszination von Friedrich heute aus?
Also es ist diese große universale Natur und der kleine Mensch, die Stille, dieses staunend Davorstehen, dieses angesichts der Natur auf sich selbst Geworfensein, das Angetriggertwerden, Fragen der menschlichen Existenz. Ja, das ist das Besondere. Und diese Darstellung der Natur, die ist auch nicht dokumentarisch, sondern ganz stark reduziert auf Bedeutungsinhalte. Die ist sozusagen als ein Spiegel eines inneren Lebens konzipiert, und es funktioniert. Aber das sind alles keine wirklichen Erklärungen. Also es bleibt einem ein Geheimnis, warum Friedrich uns nach 200 Jahren immer noch so fasziniert.
Wie soll es 2025 weitergehen?
Für uns ist 2024 der Auftakt zu dem, was 25 kommt. Wir bauen gerade an der Galerie der Romantik. Und da wird man ab 2025, ab unserer Eröffnung Friedrich in einer Weise erleben, wie man ihn bisher noch nicht gesehen hat.
War die Faszination für Caspar David Friedrich ein Antriebspunkt, nach Greifswald zu kommen?
Nein. Also, ich kam ja aus Wittenberg, aus der Lutherstadt und da aus einem Museum, was so eine fest umrissene Epoche und Thema hat. Und hier dieses, dieses Pommersche Landesmuseum, das ist so vielfältig und hat so eine tolle Sammlung. Das gibt ganz andere Möglichkeiten. Und mich hat eigentlich damals vor allem interessiert: die deutsch polnische Zusammenarbeit, die so ganz zentral ist für unsere Museumsarbeit. Also Pommern, das ist ja nicht nur Vorpommern, ist nicht nur der deutsche Teil Pommerns, sondern das ist auch der heute polnische Teil Pommerns. Und in unserer Satzung, in unserer Aufgabe steht die Zusammenarbeit und auch die Versöhnung mit den polnischen Kolleginnen und Kollegen ganz im Zentrum. Und das finde ich eine ganz tolle Aufgabe.
Von Berlin hierher zu kommen, das war schon nach einem halben Jahr für mich nach Hause kommen. Das habe ich überhaupt noch nie gehabt.
Dr. Ruth Slenczka, Direktorin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung Pommersches Landesmuseum
Was unterscheidet Greifswald für Sie von einer größeren Stadt?
Also ich möchte mal sagen, Greifswald ist im positivsten Sinne, in dem man das sagen kann, provinziell. Das Pommersche Landesmuseum ist das Museum der Stadt. Die Stadt hat eine Universität und ist dadurch ganz lebendig und durch die vielen, vielen Studierenden auch jung und offen und auch international. Von Berlin hierher zu kommen, das war schon nach einem halben Jahr für mich nach Hause kommen. Das habe ich überhaupt noch nie gehabt.
Wie finden Sie Ausgleich? Wo können Sie sich gut zurückziehen?
Erst mal bin ich ein Familienmensch. Wir haben vier Kinder und ich liebe das, wenn die zu Besuch kommen und wir hier gemeinsam Ausflüge machen. Ich habe jetzt auch schon zwei Enkel, die manchmal kommen. Und das andere ist vor allem die Musik. Ich spiele Geige und hab hier auch gleich eine Kammermusiktruppe gefunden, mit der wir Quintett, Streichquintett spielen. Na ja, und das dritte ist sicher diese wunderbare Natur hier in der Umgebung. Das gibt so viel Kraft, und unterwegs zu sein, zu wandern und dem Fahrrad, das ist wunderbar.
Wo muss man mal gewesen sein, um zu fühlen, wovon wir gerade sprechen?
Im Hinblick auf die umgebende Landschaft. Es ist nicht ein Ort, es ist so, dass man, dass man rauskommt. Und das Tolle ist ja, dass man einen Lieblingsort nach dem anderen entdeckt. Im Moment bin ich oft am Strand, zwischen Vierow und Lubmin. Das ist einfach wunderschön. Da liegen die Findlinge im Wasser und man hat eben diese Weite. Das ist das, was im Moment sozusagen mein Refugium ist, an Landschaft.
Was ein absolutes Muss ist: Die Klosterruine Eldena in den unterschiedlichen Naturstimmungen, zum Beispiel in so einer Abendsonne, das ist absolut einzigartig. Die ist auch rings um die Uhr zugänglich, das find ich auch ganz toll. Man kann da auch nachts bei Vollmond mal eben noch mal vorbeischauen.
Dann finde ich hier in der Stadt den Dom mit den neuen Fenstern dieses großartigen Künstlers Olafur Eliasson ein absolutes Muss. Das ist vor allem, am frühen Morgen, wenn das Licht direkt durch die Ostfenster kommt ganz, ganz zauberhaft. Na ja, aber auch in der weiteren Umgebung natürlich. Also man muss natürlich nach Rügen fahren und man muss die Kreidefelsen auch im Original anschauen. Das ist wirklich ganz großartig.