Christian Karius und Stephan Rodewald sind die Gründer der Taschenmanufaktur Red Rebane. Ihre praktischen Taschen und Rucksäcke werden in Schwerin per Hand hergestellt und sind teilweise fahrradkompatibel. Wir haben die sympathischen Mecklenburger in der Nähe ihrer Werkstatt am Schweriner Ziegelinnensee getroffen und mit ihnen über ihre Arbeit und Heimat gesprochen.
Was verbirgt sich hinter Red Rebane?
Stephan Rodewald: Das ist die großartigste Taschenmanufaktur der Welt, würden wir jetzt sagen. Eigentlich ist das eine Idee von Freiheit und Qualität. Christian war früher mal aktiver Fahrradfahrer – hat auch Alpentouren gemacht. Auf einer Alpentour hat er einen Rucksack auf dem Rücken gehabt, der so 14, 15 Kilo gewogen hat. Da war die Idee geboren: Er brauchte irgendetwas, um das Gewicht am Fahrrad zu verteilen. Damals gab es so was noch nicht.
Daher habt ihr beschlossen, selbst Rucksäcke und Taschen herzustellen?
Stephan: Genau. Dann hat Krischi damit angefangen und es sprudelten auch noch ganz viele Ideen für Fahrräder raus. Dann kam noch eine Gürteltasche dazu, und dann …
Christian Karius: … kamen die Leute dazu, also …
Stephan: … musste eine Firma gegründet werden.
Stephan Rodewald hat in der Vergangenheit seiner Heimat den Rücken gekehrt und in Heidelberg gewohnt. Als er zurück nach Mecklenburg-Vorpommern kam, war er zunächst als Versicherungsmakler tätig, bis er zum Mitgründer von Red Rebane wurde und seine Berufung fand. Er ist für die administrativen Aufgaben der Firma zuständig und lebt heute mit seiner Familie in der Landeshauptstadt.
Warum Schwerin als Unternehmensstandort?
Christian: Schwerin ist gerade für uns ein super Standort, weil ich tatsächlich die Befürchtung gehabt hätte, dass wir in Hamburg oder Berlin untergegangen wären. Es ist ja eine der kleinsten Landeshauptstädte – das hat aber den großen Vorteil, dass man sich auch kennt. Das ist das Schöne bei uns, dass sich auch die Jungunternehmer vor allem untereinander miteinander verständigen. Und wir haben den großen Vorteil, dass Industrie- und Handwerkskammer hier sehr aufgeschlossen waren. Ich meine: Keiner wird zum Unternehmer geboren, das ist ein langer Weg. Die Stadt selber hat auch das eine oder andere Programm auf die Beine gestellt, um Jungunternehmer zu unterstützen. Das ist natürlich absolut förderlich.
Christian Karius ist Gründer und kreativer Kopf der Taschenmanufaktur Red Rebane. Der studierte Hotel- und Tourismusmanager war bereits an verschiedenen Orten in der Gastronomie tätig und hat seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt nun in Schwerin gefunden. Durch seine Passion zum Fahrradfahren entstand die Idee zur Herstellung praktischer Rucksäcke und Taschen.
Ihr sitzt außerdem nah an den Schweriner Seen – besser geht es nicht, oder?
Christian: Ja, das ist der große Vorteil von unserem Standort: Wir können in der Mittagspause baden gehen. Ich glaube, das findest du auch kaum woanders. Also herrlich.
Stephan: Wir möchten auch mal entscheiden können, dass wir zum See fahren zur Mittagspause. Wir haben natürlich auch 80-Stunden-Wochen, gar keine Frage, aber das muss einfach Spaß machen. Arbeit muss Spaß machen, das ist so das Ding. Und das erfüllen wir uns gerade mit unserer Firma.
Dennoch gibt es auch Risiken – wie seid ihr damit umgegangen?
Christian: Wir waren da sehr vorsichtig, das muss ich zugeben. Wir haben erst mal sozusagen eine Unternehmung gestartet mit den ersten kleinen Taschen – mit einem Kleinstgewerbe im Endeffekt. Und erst, als man das Gefühl hatte, so, jetzt haben wir einen Punkt überschritten, wo man sich trauen konnte, da mehr draus zu machen, haben wir diesen Schritt tatsächlich auch erst gewagt.
Stephan: Also an der Stelle mal ein Tipp für alle, die so eine Unternehmung starten möchten: einfach anfangen. Geld organisieren, von wem auch immer, und einfach machen. Und wenn das in die Hose geht, dann ist das halt so. Ganz so schlimm ist das mittlerweile auch nicht mehr, es ist okay.
In welche Art des Handwerks würdet ihr euch einordnen?
Stephan: Kreatives Handwerk, würde ich mal sagen. Christian ist definitiv der kreativste Typ, den ich kenne. Da ist es auch egal, ob es um Taschen, Rucksäcke oder um unsere neue Werkstatt geht, wo alles selbst gebaut ist.
Christian: Das ist wirklich sehr spannend: Du baust nicht einfach nur eine Tasche oder einen Rucksack. Wir haben zum Beispiel einen Laser-Gravierer gekauft. Individualität steht bei uns ja ganz oben. Wir haben einen Konfigurator gebaut, mit dem die Leute sich die eigene Traumtasche sozusagen zusammenstellen können, sodass sich wirklich jeder ein Einzelstück auf die Beine stellen kann.
Apropos Individualität – wie seid ihr auf den Namen „Red Rebane“ gekommen?
Christian: Ich weiß nicht, wieso, aber ich bin relativ schnell darauf gekommen, dass ich den Fuchs als Firmentier superinteressant finde, weil der Fuchs unglaublich vielseitig ist. Und mein Nachname – Karius – entstammt dem Estnischen, und tatsächlich wurde ich da dann fündig. Im Estnischen heißt der Rotfuchs „Rebane“. Und da schloss sich dann der Kreis. Ich gedacht: Weißt du, was? „Rebane“ fetzt, das finde ich gut, aber nur „Rebane“ geht nicht. „Red Rebane“, „Blue Rebane“, „Black Rebane“, ach komm, „Red Rebane“, roter Rotfuchs fetzt, und damit war die Sache beschlossen.
Nachhaltigkeit ist auch ein wichtiges Thema für euch, oder?
Stephan: Tatsächlich, ja. Also 90 Prozent unserer Materialien zum Beispiel kommen aus Deutschland. Wir haben nur Webereien aus Deutschland. Aber es gibt einfach Sachen, Kleinigkeiten, die kriegst du in Deutschland nicht, das ist einfach nicht machbar. Aber auch mit unseren Materialien an sich ist es so: Wir benutzen hauptsächlich Cordura, das ist extrem haltbar, und du kaufst einfach einen Rucksack, dann hast du den gefühlt zehn Jahre, und der hält dann immer noch.
Könntet ihr euch vorstellen, mithilfe eines Investors schneller zu wachsen?
Christian: Da haben wir uns wirklich ganz wissentlich gegen entschieden, weil wir ein nachhaltiges Produkt machen wollen, das wirklich fünf Jahre Garantie wert ist, die wir darauf geben. Das bedeutet: Es muss mit Qualität und Hingabe gefertigt werden. Da kann man nicht eben schnell mal die Produktion hochschrauben.
Stephan: Deswegen ist unsere Prämisse wirklich organisches Wachstum und Ladengeschäfte ansteuern.
Christian: Und ein ganz wichtiger Fakt sind auch die Mitarbeiter, die uns dabei helfen, diese Rucksäcke zu fertigen – die findest du nicht einfach so. Es ist auch kein Ausbildungsberuf mehr in dem Sinne, sondern wir holen uns die Leute ran und führen sie in diese Arbeit ein, bis sie das wirklich perfekt können. Und das geht nicht von heute auf morgen.
Wo seht ihr Red Rebane in Zukunft?
Christian: Es ist so, dass wir derzeit ja lokal schon sehr bekannt sind, was uns jedes Mal aufs Neue positiv überrascht, wenn wir durch die Stadt gehen und sehen, wie viele Menschen eigentlich ein Produkt von uns tragen. Das ist ein ganz, ganz tolles Gefühl. Es ist aber notwendig, dass wir über den – ich sage mal – Tellerrand hinaus noch deutlich weiter bekannt werden. Wir sind tatsächlich schon bis in die Schweiz und nach Österreich vorgedrungen. In Berlin, Hamburg, Rostock kennt man uns auch. Aber es ist schon so, dass unser Produkt – also dieser Gepäckträgerrucksack – tatsächlich noch viel mehr Menschen erreichen kann.
Was bedeutet Heimat für euch?
Christian: Heimat ist in erster Linie natürlich ein Gefühl. Ich glaube, Heimat zu fühlen, das kann man am besten, wenn man viel unterwegs gewesen ist.
Was ist das Besondere an Schwerin und MV?
Stephan: Ich muss ganz ehrlich sagen, die Stadt an sich hat halt Charme. Vor allem auch die Ostsee. Wir fahren eine halbe Stunde, dann sind wir da. Tipptopp, du kannst surfen und alles machen. Das Ding ist: In der Großstadt möchte ich ehrlich gesagt nicht mit meiner Frau und meinen Kindern sein. Hier hole ich die Kleine vom Kindergarten ab, zehn Minuten später sind wir irgendwo draußen im Wald, wir sind am See oder an der Ostsee. Das ist super. Du hast auch Schulen und Kindergärten. Die Infrastruktur ist einfach gut – also, mehr geht nicht.
Ihr seid beide wieder zurück nach MV gekommen – was gibt euch das Land für das, was ihr macht?
Christian: Dieses Feedback, was wir bekommen, ist ein ganz tolles. Uns wird sehr viel Mut zugesprochen, das finde ich großartig. Die Menschen teilen sozusagen unsere Geschichte, das hilft uns ungemein. Und das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein, ist das Beste, was ich je hatte. Weil – durch diese Zeit unterwegs hat mir dann immer so dieses Verwurzelte gefehlt. Und das habe ich hier zurückbekommen.
Und wenn wir eins gelernt haben, dann ist das, dass man sich trauen muss zu fragen. Wer nicht fragt, der kriegt auch keine Antworten. Das ist ganz wichtig. Und ich glaube, dass Schwerin daran interessiert ist, weiter dafür zu sorgen, dass Jungunternehmer heranwachsen. Und deswegen ist man den Fragen aufgeschlossen oder vermittelt dann eben weiter an die Stelle, die zuständig ist. Also, wir haben noch kaum erlebt, dass jemand gesagt hätte: Tut mir leid, das geht mich nichts an, oder: Ich kann euch da nicht helfen.