Zukunft

Die Entdeckung des Himmels

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Autorin: Dörte Rahming

Das Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik (IAP) in Kühlungsborn forscht mit Laser und Radar in hohen Luftschichten am Übergang zum Weltall. Denn wenn sich in der Atmosphäre etwas verändert, sind die Auswirkungen auf der Erde zu spüren.

Der Blick geht über sanfte Hügel, am Horizont glitzert die Ostsee. Doch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Ostseebad Kühlungsborn schauen nach oben – nach ganz oben. Sie erforschen die Mesosphäre in 50 bis 80 Kilometern Höhe sowie die Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Schichten.

Was weit weg erscheint, kann sehr konkrete Auswirkungen auf unser Leben haben, sagt Prof. Claudia Stolle, seit Oktober 2021 Direktorin des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik. „Radiowellen zum Beispiel breiten sich nur aus, weil es die obere Atmosphäre im aktuellen Zustand gibt. Das ist wichtig für Kommunikation und Navigation auf der Erde“, erklärt die studierte Meteorologin. „Man kauft morgens sein Brötchen beim Bäcker, aber dass es dort pünktlich angekommen ist, hängt an der Logistik, die wiederum ohne Navigation nicht denkbar ist.“

Radiowellen zum Beispiel breiten sich nur aus, weil es die obere Atmosphäre im aktuellen Zustand gibt. Das ist wichtig für Kommunikation und Navigation auf der Erde.

Prof. Claudia Stolle, Direktorin des IAP

Prof. Claudia Stolle ist seit Oktober 2021 Direktorin des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn.

Wissen fürs tägliche Leben

Ein anderes Beispiel aus der Kommunikation: An den Börsen kommt es auf Sekunden an – Satelliten koordinieren Zeiten zwischen Kontinenten. „Wenn der Welthandel ins Stocken käme, wären sehr viele Menschen betroffen“, meint Stolle. „Wenn also die Arbeit der Satelliten durch kurz- oder langfristige Veränderungen dort oben gestört ist, gibt es auf der Erde erhebliche Probleme. Wir müssen die obere Atmosphäre verstehen, um Vorhersagen treffen zu können“, erklärt die Professorin.

Auch Klimaveränderungen, die in den Höhen bereits sichtbar sind, betreffen die Menschen unmittelbar. 

Klimamodelle sollten nicht über den Wolken aufhören. Denn aufgrund der Langfristigkeit gibt es Einfluss von oben nach unten und umgekehrt.

Prof. Claudia Stolle, Direktorin des IAP

Forschung auf Weltniveau

In manchen Nächten zerschneiden grüne Strahlen den Himmel über Kühlungsborn. Das sind Lidare, Laserstrahlen, die bis zu 100 Kilometer hoch in die Atmosphäre geschickt werden. Sie werden in der oberen Atmosphäre reflektiert, daraus können die Forschenden verschiedene Messwerte wie Wind und Temperatur ableiten. Das IAP ist in diesen Technologien weltweit führend und am Kühlungsborner Institut funktionieren die Messungen auch bei Tageslicht.

Auch hier arbeitet die Forschung in einem internationalen Netzwerk. Besonders eng ist die Kooperation mit einem Zentrum im Norden Norwegens. Dort betreibt das IAP unter anderem einen leistungsstarken Lidar und die weltweit genauste Radaranlage in diesem Bereich. Außerdem starten regelmäßig Höhenforschungsraketen, deren Sensoren in Kühlungsborn entwickelt werden. Weitere Radaranlagen des Instituts stehen in der Nähe des Äquators und in Südamerika.

Viel Raum für Forschung und Entwicklung. Im IAP in Kühlungsborn leitet Prof. Claudia Stephan seit Januar 2024 die Abteilung "Modellierung atmosphärischer Prozesse".

An anderen Projekten sind Forscher aus Japan, Indien oder den USA beteiligt. „Ohne diese Internationalität geht es nicht“, weiß die Institutsdirektorin. Etwa 70 Menschen sind am Kühlungsborner Institut beschäftigt, sie kommen aus Kanada oder Kuba, aus Peru oder Puerto Rico und weiteren Ländern.

Das IAP arbeitet auch eng mit regionalen Partnern zusammen, etwa der Universität Rostock, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Neustrelitz oder den drei anderen Leibniz-Instituten in Mecklenburg-Vorpommern.

Schon seit Ende der 1950er-Jahre gibt es in Kühlungsborn eine Forschungseinrichtung für Atmosphärenphysik, die zur Akademie der Wissenschaften der DDR gehörte. Seit 1995 ist das Institut Teil der Leibniz-Gemeinschaft.

Computermodell für bessere Vorhersagen

Um die Beobachtungen und Messungen zu verstehen, werden Modellierungen gebraucht. Aktuell wird ein deutsches Computermodell in die internationale Forschung eingeführt, das nun für genau den Höhenbereich weiterentwickelt wird, der in Kühlungsborn erforscht wird.

Expertin dafür ist Prof. Claudia Stephan. Die Physikerin hat Erfahrungen unter anderem in Großbritannien und in den USA gesammelt und arbeitet seit Januar 2024 am IAP. Neben der fachlichen Herausforderung schätzt es die 37-Jährige, wie sie sagt, dass man hier wirklich alle Kollegen kenne.

Wir sind nahe beieinander, die Abteilungen können sich gut austauschen und Ideen entwickeln. Und gleichzeitig ist das Institut groß genug, um weltweit in der Forschung eine Rolle zu spielen.

Prof. Claudia Stephan

Vernetzt sind sie hier sowieso, meint Direktorin Stolle. „Denkstrukturen aus verschiedenen Perspektiven zu nutzen - davon profitieren alle.“

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