Zukunft

Frauen schlagen Wellen am Ocean Technology Campus

Artikel vorlesen lassen

Autorin: Juliane Fuchs

Ökologie und Ökonomie im Einklang: Der Ocean Technology Campus in Rostock treibt mit innovativen Technologien diese Vision einer nachhaltigen Nutzung und für den Schutz der Ozeane voran. Mit dem Ocean Gender Projekt werden dabei gezielt Frauen an Bord geholt.

Als Frau Karriere in der Schifffahrt machen? Das gleicht einer Fahrt auf stürmischer See. „Ich lernte zuerst, wie ich klare Kante zeige”, sagt Nautikerin Wiebke Külper. In ihrer Jugend wollte sie wie ihr Cousin auf einer Fregatte fahren. 2005 ging sie in China auf ein Frachtschiff. Zwei Jahre später studierte sie – unter 100 Männern als eine von zehn Frauen – Nautik an der Hochschule Wismar.

Ich lernte zuerst, wie ich klare Kante zeige.

Wiebke Külper

Für den Forschungsverbund Mecklenburg-Vorpommern e.V. wirbt Wiebke Külper heute am Ocean Technology Campus Rostock um Talente für die Meerestechnologie – gemeinsam mit Dr. Kirstin Kastell, die  sich seit 20 Jahren für die Gleichstellung von Frauen und Männern einsetzt und am Campus das Ocean Gender Projekt betreut. Das ist am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) angesiedelt und möchte besonders Frauen für Unternehmen und Forschungseinrichtungen am Standort gewinnen.

Nautikerin Wiebke Külper bei dem, was sie liebt - Forschungsarbeit.

Dr. Kirstin Kastell, Projektkoordinatorin am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde.

Auf der Suche nach jungen Talenten. Dr. Kirstin Kastell (li.), Wiebke Külper (re.) setzen sich für
die Gleichstellung von Frauen ein.

Aus Seemannsgarn wird Hightech

Im Rostocker Fischereihafen setzen Forschungseinrichtungen, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen aus der Region gemeinsam Kurs auf eine nachhaltige Nutzung der Weltmeere. Am Ocean Technology Campus entwickeln sie Technologien und unterstützen Forschung, Wirtschaft und Ausbildung.

Ingenieurinnen, Geophysikerinnen, Bioinformatikerinnen, Fischereibiologinnen – der Campus bietet einen Ozean an Möglichkeiten. Hierfür wollen wir junge Frauen begeistern.

Dr. Kirstin Kastell

Im Herbst 2021 gewann der Verbund den Wettbewerb „Clusters4Future”. In der ersten von drei Umsetzungsphasen fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung den Campus mit 15 Millionen Euro – mit Aussicht auf zwei Verlängerungen und insgesamt 45 Millionen Euro bis zum Jahr 2030.

Forschende und Fachleute entwickeln am Ocean Technology Campus nachhaltige Fangtechniken, Tauchroboter aus dem 3D-Drucker und Steckdosen in der Tiefsee.

Dabei ist die Thematik, wie mit Technologie zu Umwelt-, Klima- und Artenschutz beigetragen werden kann, gerade für Frauen interessant.

Dr. Kirstin Kastell

Spezialistinnen gewinnen

„Mit dem Ocean Gender Projekt wollen wir Schülerinnen und Studentinnen als Ingenieurinnen, Geophysikerinnen, Bioinformatikerinnen oder Fischereibiologinnen an Bord holen”, sagt Kirstin Kastell. Sie lotst Frauen in die hierzulande immer noch männerdominierte Branche.

In mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufen liegt der Frauenanteil bei 30 Prozent. Das belegt der MINT Herbstreport 2023. Das Institut für deutsche Wirtschaft untersucht zweimal jährlich den Arbeitsmarkt – speziell in den Fachrichtungen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Im Lenkungskreis des Ocean Technologie Campus macht sich Kirstin Kastell deshalb für Chancengerechtigkeit und zum Beispiel familienfreundliche Arbeitsabläufe stark. Darüber hinaus entwickelt sie gemeinsam mit Unternehmen und Instituten Programme zur Nachwuchs- und Talenteförderung, die besonders Mädchen und Frauen ansprechen sollen.

Wir wollen Schülerinnen und Studentinnen Berührungsängste vor Kabeln und Datenmeeren nehmen.

Dr. Kirstin Kastell

Das IOW entwickelte einen Experimentier-Koffer für Schulen, mit dem selbst kleine Messstationen gebaut und programmiert werden können. Durch dieses Ausprobieren verlieren gerade Mädchen die Scheu vor Kabeln und IT. Am Campus avancieren junge Frauen verschiedener Nationen in der Summer School regelmäßig zu Entwicklerinnen und Erfinderinnen. Zudem verschafft die Universität Rostock mit dem Ocean Gender Mentoring-Programm ihren MINT-Studentinnen Rückenwind beim Einstieg in die Meerestechnologie.

Auch Juliane Ziebuhr ​​von Framework Robotics treibt das Thema Frauen als Fachkräfte bei ihrem Arbeitgeber voran. Das Unternehmen entwickelt auf dem Campus innovative Standards für Unterwasser-Systeme, etwa Tauchroboter. „Unsere Werkstudentin macht aktuell ihren Master im Ingenieurwesen. Bald begleitet sie zwei Schülerpraktikantinnen. Frauen beleben die eingefahrene Ingenieurbranche, deshalb möchten wir gern mehr Kolleginnen einstellen”, sagt die Verantwortliche für People and Culture.

Von der Idee bis zur Technologie

Wiebke Külper begleitet Neugierige regelmäßig im Ocean Open Lab. Mit 3D-Drucker, Lötstation und anderen Spezial-Werkzeugen realisieren Interessierte aus ihren Ideen reale Unterwasser-Technologien. Für manche der Start in die Selbstständigkeit. Im Team basteln sie auch Prototypen, mit denen sie etwa Meerwasser zu Trinkwasser aufbereiten. Die Projektbeauftragte sowie weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter veranstalten Workshops, DemoDays, Gründungsfrühstücke und Coachings – auch oder besonders für Frauen.

Juliane Ziebuhr von Framework Robotics entwickelt u.a. Unterwassersysteme wie Tauchroboter.

Tom Schmidt (li.) und Jan Witte (re.) von der Fraunhofer Forschungsgruppe Smart Ocean Technologies.

Am Ocean Technology Campus (OTC) wird an nachhaltiger Nutzung maritimen Lebensraums geforscht.

Die Nautikerin wählte nach stürmischen Jahren auf See das Leben als Landratte, auch weil die Piraterie im Jahr 2011 drastisch zunahm. In Rostock gründete sie eine Familie und schätzt als Mutter von zwei Kindern ihren familienfreundlichen Arbeitsplatz im Ocean Technology Campus. Die ehemalige Seefahrerin wohnt nah am Wasser und liebt die Weite Mecklenburg-Vorpommerns. Sie ist überzeugt: Die Meerestechnik braucht dringend mehr Frauen.

Bis zur Firmengründung

Der Ocean Technology Campus entwickelt sich zum Zentrum der deutschen Ozeanforschung. Im Rostocker Fischereihafen forschen und arbeiten Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlichen Einrichtungen gemeinsam an nachhaltigen Technologien der Meerestechnik. Die Universität Rostock, das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD), weitere Forschungsinstitute, der Forschungsverbund MV und viele weitere Partner begleiten Start-ups und Unternehmen als starke Partner von der Idee bis zur Firmengründung oder bis zum Markteintritt.

www.mv-tut-gut.de Impressum Datenschutz Barrierefreiheit