Zukunft

Insektenmehl für eine gesündere Ernährung

Würmer zum Frühstück? Das ist im ersten Moment keine appetitliche Vorstellung, aber ein möglicher Weg, um den wachsenden Anforderungen an die Ernährung der Weltbevölkerung gerecht zu werden. Ein Start-up aus der Hanse- und Universitätsstadt Rostock züchtet Mehlwürmer für die Ernährung.

5.500 blaue Kisten mit Mehlwürmern stehen bei ENTAVA in Roggentin.

Der Produktionsprozess soll nach und nach automatisiert werden.

ENTAVA-Produktionshalle: Hier werden altbewährte Methoden mit neuem Wissen kombiniert.

Diese Farm – das sind 5.500 blaue Kisten. Sie stehen in einer großen Produktionshalle in einem Gewerbegebiet nahe Rostock und beherbergen zehntausende Tiere: Mehlwürmer, maximal zweieinhalb Zentimeter lang. Sie sind Eiweißlieferanten und werden als Protein-Mehl neuen Lebensmitteln beigemengt. „Insekten zu essen, ist keine neue Idee, vor allem in Asien“, sagt Christian Baudisch. Gemeinsam mit Raijana Schiemann führt er die Entava GmbH in Roggentin. „Aber wir wollten altbewährte Methoden mit neuem Wissen kombinieren.“ Die Ressourcen auf der Erde reichten nicht aus, um alle Menschen nach europäischem Standard zu ernähren – neue Lösungen seien gefragt.

Insekten zu essen, ist keine neue Idee, vor allem in Asien. Aber wir wollten altbewährte Methoden mit neuem Wissen kombinieren.

Christian Baudisch

Eine Ausgründung der Uni Rostock

Die Idee entstand vor etwa fünf Jahren unter BWL-Studenten der Universität Rostock, Baudisch war einer von ihnen. Später kam mit Raijana Schiemann eine studierte Biologin dazu. Schon früh bekamen die jungen Unternehmer finanzielle Unterstützung von Bund und Land, wurden von der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität unterstützt und fanden Investoren.
Seit kurzem wird das Team durch den Produktionsleiter Nico Funck vervollständigt. „Der gesamte Prozess soll nach und nach automatisiert werden, deshalb brauchen wir auch einen Wirtschaftsingenieur“, sagt Baudisch. Alle drei kennen sich mit den Grundlagen der jeweils anderen Bereiche aus.

Besser als alle Fleischsorten

Besser als Fleisch: Der gelbe Mehlwurm enthält 50 bis 60 Prozent Eiweiß.

Der Prozess: Die Würmer sind - biologisch gesehen - die Larve der Mehlkäfer. Sie leben in Weizenkleie, die sie auch fressen und in der sie sich vermehren. Automatisch werden sie zusätzlich mit einem speziellen Feuchtsubstrat gefüttert. Der gesamte Vorgang dauert ungefähr zwei Monate. „Und kurz bevor sie sich verpuppen, entnehmen wir fast alle, reinigen und kochen sie, trocknen und zermahlen sie“, erklärt Baudisch. „So sind wir sozusagen Landwirt und Schlachter in einem.“
Vor gut einem Jahr wurde der Firmensitz vor den Toren von Rostock bezogen, drei Mitarbeiter eingestellt, die Produktion vor wenigen Monaten gestartet.
„Die Nachfrage war von Anfang an gigantisch“, sagt Baudisch. Entava liefert derzeit nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz.

Das Insektenmehl hat den Nährwert von Fisch und es schlägt mit seinem Eiweißgehalt von 50 bis 60 Prozent alle Fleischsorten.

Christian Baudisch

100 Prozent gesund

Das Insektenmehl gilt als Premium-Produkt: Es ist nahezu geschmacksneutral und eignet sich zum Kochen und Backen. Man kann es aufs Müsli streuen oder Fleisch-Ersatzprodukte daraus produzieren. Es ist umweltverträglich produziert und obendrein ein gesundes Lebensmittel: Vitamine und Spurenelemente, Mineralstoffe und ungesättigte Fettsäuren sind enthalten, Allergene hingegen so gut wie gar nicht. „Das Insektenmehl hat den Nährwert von Fisch“, wissen die Gründer. „Und es schlägt mit seinem Eiweißgehalt von 50 bis 60 Prozent alle Fleischsorten.“
Außerdem liefert das junge Unternehmen lebende oder getrocknete Mehlwürmer, der Kot wird als Dünger verkauft. Auch in hochwertigem Tierfutter wird das Insektenmehl verarbeitet. Pro Monat könnten etwa fünf Tonnen Trockenprodukte hergestellt werden, dieser Stand soll nach und nach erreicht werden. Generell werden die Mehlwürmer zu 100 Prozent verarbeitet.

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